Aufführungen | GingerEnsemble
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Sonntag, 5. September, 11.15 Uhr
Kunstmuseum Thun, anlässlich der Finissage zur Ausstellung
«Utopie & Alltag: Im Spannungsfeld zwischen Kunst und Alltag»
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next concerts:
2. - 6. Mai 2011, Tirana, Albanien
Juli 2012, Bangkok Thailand
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GingerEnsemble
Cyrill Lim
Valerian Maly
Klara Schilliger
Lara Stanic
Technical Support: Kaspar Hochuli
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Programm
La Monte Young (*1935) "Compositon 1960 # 7" (to be held for a long time)
Steve Reich (*1936) "Pendulum Music", 1968 / revised 1973 For Microphones, Amplifiers, Speakers and Performers
Cyrill Lim (*1984) "Dungchen", 2009 F?r Posaune und Elektronik
John Cage (1912 - 1992)
"Child of Tree", 1975 For percussion solo
"Branches", 1976 For percussion solo, duet, trio or orchestra (of any number of player)
"Inlets", 1977 For three players, with conch player
Lara Stanic (*1973) "Spielfeld Feedback", 2005
f?r Lautsprecher-applizierten Pullover und 3 dynamische Mikrophone
Alvin Lucier (*1931) "Music for Pure Waves, Bass Drums and Acoustic Pendulums", 1980
for one player with electronics and percussion
La Monte Young (*1935) "Compositon 1960 # 7" (to be held for a long time) |
Beschreibung | Mit nicht-hierarchischen Kompositionen tritt erstmals das GingerEnsemble Bern auf, gegründet aus Anlass der InstallAction «Monument GingerSociety Thun», vor dem das Konzert auch stattfindet. Das Monument – ein Rieseningwer aus Papiermaché, der als Metapher für rhizomatische Wissensmodelle steht – bildet räumlich wie auch thematisch die Vorlage für das Programm mit «nicht-hierarchischen Kompositionen». Damit begibt sich das GingerEnsemble wachen Sinnes und mit grosser Freude ins Spannungsfeld von Widersprüchen. Ein Programm mit nicht-hierarchischen Kompositionen ist ein hehrer Anspruch an ein eigentlich utopisches Unterfangen. In der Regel gelten in der Musik klare Hierarchien, wobei die Hierarchiefolge Komponist – Interpret – Hörer durchaus auch schillernd mutieren kann.
Seit dem Zusammenbruch der ästhetischen Konventionen zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts und in Folge der daraus entstandenen Kunstrichtungen wie Futurismus, Dadaismus und experimentelle Musik fanden in den frühen 1960er Jahren Künstler in einer Aktionskunst zusammen, die sich als prozessuales, «fliessendes» Klangereignis verstand: Fluxus! Im Zusammenspiel von Musik, Theater und Bildender Kunst sollten die Grenzen zwischen den Künsten aufgehoben werden. Autorschaft spielte zwar weiterhin eine Rolle, jedoch verwehrten sich die Künstler gegen jede Vereinnahmung, selbst Urheberrechte wurden für untauglich und nicht adäquat erklärt. Ein Wesenszug, der die Arbeiten der Fluxus-Künstler verbindet, ist der anarchistische Humor: «Jeder, der glaubt, Fluxus sei etwas Ernstes, der irrt sich. Aber jeder, der behauptet, Fluxus sei etwas Unernstes, irrt sich ebenso. Das Einzigartige an Fluxus ist, dass es auch nicht dazwischen liegt... Fluxus ist überall gleichzeitig. Sein Geheimnis ist: es existiert überhaupt nicht, aber es existiert.» (Al Hansen).
Das GingerEnsemble Bern, hervorgegangen aus dem Studienbereich Musik und Medienkunst der Hochschule der Künste Bern, widmet sich in einer Art «historischen Aufführungspraxis» experimenteller Musik und verortet sich selbst in der Tradition der «Composer / Performer», wie sie beispielhaft von der legendären «Sonic Arts Union» mit Robert Ashley, David Behrman, Alvin Lucier und Gordon Mumma vorgelebt wurde – ein Kollektiv von experimentellen Musikern, das zwischen 1966 – 1976 aktiv war.
Das Repertoire des GingerEnsembles umfasst u.a. Stücke von David Behrman, John Cage, Tom Johnson, Takehisa Kosugi, Alvin Lucier, Steve Reich und Robert Watts. Dem «Historischen» aber nicht ganz verhaftet, kommen auch spannende Eigenkompositionen und Performances der Ensemblemitglieder zur Aufführung. Mittels algorithmischer Komposition, elektroakustischer Musik und dem experimentellen Einsatz neuer Medien werden Aspekte der Wahrnehmung ausgelotet. Nicht-hierarchische Komposition kann hier auch den radikalen Paradigmenwechsel meinen, der sich in experimenteller, prozessorientierter Musik zwischen Publikum und Autor, aber auch zwischen Rezipient und Partizipient vollzieht.
Mit dem Programm non-hierarchical compostions schlagen die Künstler des GingerEnsembles eine Brücke zwischen französischer post-stukturalistischer Philosophie und experimenteller Avantgarde-Musik aus den USA: Alle «historischen» Kompositionen sind rund um das Jahr 1974 entstanden – das Jahr, in dem eines der berühmtesten Vorworte geschrieben wurde: «Rhizom» von Gilles Deleuze und Félix Guattari. |